Zu Gast beim Traditionsverein SG 1871 Löberitz

Eingangsschild des Vereinsheims

In Runde 7 der Jugendbundesliga führte uns das Auswärtsspiel am Samstag, den 10.3.2012  nach Löberitz, einem Ortsteil von Zörbig (Sachsen/Anhalt).

Im von der Berliner Starthilfe e.V. zur Verfügung gestellten Kleinbus ging es kurz nach 9:30 Uhr los. Begleiter war neben mir wie letztens auf der Tour nach Rostock Hans-Jürgen Meissner. Kurz von dem geplanten Spielbeginn trafen wir in Löberitz (unweit der A9 gelegen) ein, fanden jedoch a) keine Menschenseele und b) nur Hausnummer 3 der Straße der Jugend. Von der gesuchten Hausnummer 3b weit und breit nichts zusehen. Wie löst man das? Genau – der Gastgeber (in Person von Mannschaftsführer Jürgen Kunze)  stellt sich auf die Straße und wartet, irgendwann wird man ihn schon sehen…  Das hat auch funktioniert. Die Auflösung: Hinter der Hausnummer 3b verbarg sich der Sportplatz und das schöne Vereinsheim der „Schachgemeinschaft 1871 Löberitz“.

Pünktlich um 11:30 Uhr wurde der Wettkampf in dem gemütlichen kleinen Vereinsraum aufgenommen. Trotz unserer guten Platzierung (Tabellenzweiter) waren wir keinesfalls Favorit – nur Aron an Brett 1 wies eine bessere DWZ im Vergleich zu seinem Gegner auf. Aber dennoch wollten wir möglichst beide Punkte nach Berlin entführen! Mit Beginn der Partien beginnt auch immer die ruhigste Zeit für die Betreuer… so blieb für Hans-Jürgen Meißner und mich genügend Zeit, Kaffee zu trinken und sich im kleinen Vereinszimmer umzuschauen.

Hier fanden wir die fortlaufende „Löberitzer Schachchronik“, beginnend mit dem Jahr 1871 (!) – die im Glasschrank mittlerweile beeindruckende Ausmaße annimmt, eine Ehrenurkunde anlässlich des 125jährigen Vereinsbestehens, unterzeichnet vom damaligen DSB-Präsidenten Egon Ditt und ein gerahmtes Foto des Ex-Bundespräsidenten Horst Köhler, mit dem an seinen Besuch hier erinnert wird… Als Hr. Kunze unser Interesse sah, bot er uns eine kleine Führung durch das Schachmuseum an.  Wie, Schachmuseum? Na, schaun wir mal… Aber tatsächlich – denn  im Rahmen der 800-Jahr-Feier in Löberitz wurde 2007 hier ein Schachmuseum eröffnet. Im gleichen Gebäude, nächster Eingang fand sich zu ebener Erde erst einmal ein weiterer Clubraum – ideal für uns zum Analysieren der Partien. Dann eine schmale Treppe hinauf in die 1.Etage und – schon blickte ich in das nahezu dämonische Antlitz von Exweltmeister Mihail Tal. In dem großen Raum erwartete uns eine umfangreiche Sammlung mit allen möglichen Dingen über das Schachspiel. Bücher, Zeitschriften, verschiedenste Schachbretter und Figurensätze (ach, sogar die Feuersteins gibt es als Schachfiguren?), Schachtische, Artikel über Besuche historischer Persönlichkeiten in Löberitz, Schachtische, und und und… Hansi Meißner beeindruckte vor allem der Kurzbericht über den deutschen Schachspieler und -lehrer Johannes Metger, der 1874 für zwei Tage den Ort besuchte (in diesem Zusammehang wurde Löberitz übrigens erstmals als Schachdorf bezeichnet). 1883 gewann Praeceptor Germaniae Siegbert Tarrasch das „Ehrenpreisturnier von Löberitz“ und zum Silberjubiläum 1896 war Meister Max Lange zu Gast! Tradition, wohin man schaut! Faszinierend auch die umfangreiche Autogrammsammlung von der Schacholympiade 1960 in Leipzig (» hier viel besser zu sehen, incl. Hintergrundinformationen!).

Der Wettkampf verlief recht kontrastreich. Floyd und Aron hatten sich schöne Stellungen erarbeitet. Auch der Aufbau von Felix  sah vielversprechend aus. Matthias hatte rochiert, beruhigend ;-). Bei Jakob und Fabian sah es dagegen sah ich Vorteile auf Löberitzer Seite.

Durch einen Sieg von Felix (Figureneinsteller des Gegners in schwieriger Stellung) gingen wir in Führung. Fabian (unterschätzte die weiße Bauernlawine + die auf seinen König gerichteten Figuren – siehe Diagramm 2) und Matthias (überhasteter Angriff, ohne ausreichendes Heranführen von Ressourcen) unterlagen jedoch, ehe Aron mit einem Sieg (Basis: präzise Variantenberechnung) wieder den Ausgleich herstellte. Jakob hatte sich nach verfehlter Eröffnungsbehandlung mit zwei müden Springern lange erfolgreich gegen ein dominantes Läuferpaar gewehrt und Floyd besaß einen das Brett beherrschenden „Gufeld-Läufer“ als Siegesgarant. Nach überstehen der Zeitnot beendete Floyd dann auch mit einem hübschen Schluss die einseitig gewordene Partie (Diagramm 1).

Diagr.1: Schwarz am Zug - Matt in 2 Zügen (aus Patricia Lehmann - Floyd Schmid 0:1)

Diagramm 2: Weiß am Zug gewinnt (aus Pauline Mertens - Fabian Alcer 1:0)

Da Jakob aber im Turmendspiel den möglichen Ausgleich noch vergab (u.a. Txh7?) , blieb es bei einem 3:3 – Unentschieden und der Einsicht, dass noch ein Quentchen mehr Leistung für die Tabellenspitze notwendig ist. Die hat nun Grün-Weiß Baumschulenweg nach dem knappen 3.5:2.5 Sieg über Zitadelle Spandau inne. Erstaunlich: TuS Makkabi unterlag erneut und liegt nun schon 2 Punkte hinter uns. In der schweren Doppelrunde am 12./13. Mai gegen AE Magdeburg (besiegte gerade Makkabi) und den Baume (Spitzenreiter!) wird sich zeigen, ob wir doch noch ein Wörtchen ganz vorn mitreden können. » Ergebnisse des 7.Spieltages und Tabelle

Lösungen: Diagramm1: 1…Da1+! nebst Matt   – Diagramm 2: 1.Lh6! und Weiß gewinnt