Nikolai bei der EYCC (European Youth Chess Championship) 2016 in Prag

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Nikolai ist wieder zurück von der Jugend-EM – Hier ein schöner Bericht von Thomas Nitsche (NIkolais Papa):

Nachdem Nikolai sowohl an der DEM 2016 teilgenommen, als auch die ‚Norm‘ für die Teilnahme an der EYCC geschafft hatte, durfte er als einer von 7 Berliner Teilnehmern im 40-köpfigen deutschen Team spielen.

Bereits bei unserer Ankunft im Hotel fielen uns die vielen teilnehmenden Nationalitäten (> 40) der Spieler, Betreuer und Trainer auf. Es war ein ungewohntes Sprachen Durcheinander. Natürlich dominierte Russisch, was man auch daran merkte, daß Ansagen entweder in Englisch oder Russisch gemacht wurden. Organisatorisch funktionierte einiges nicht so gut und daß jede Nacht die italienischen Mädels direkt vor unserem Zimmer bis 24:00 und später feierten, was das geringste Übel 😉

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Wirklich toll war der Zusammenhalt in der deutschen und insbesonders in der Berliner Delegation. Selten konnte man so gut und ausführlich miteinander sprechen.

Das Turnier lief entspannt ab, da nur 1 Partie pro Tag um 15:00 gespielt wurde; da war immer noch ein Mittagsschlaf für Nikolai drin. Allerdings saßen wir Eltern ab Spielbeginn hoch nervös vor dem Spielsaal — die Tiefenentspanntheit der Eilenbergs, die während der Partie schon mal in Prag im Cafe saßen, fehlt mir leider vollständig. Eltern, Trainer und Betreuer durften ab 10 Min. nach Beginn einer Partie nicht mehr in den Spielsaal. Zwischenfälle gab es kaum. Die Spielsäle waren gut klimatisiert (war nötig) und die schachliche Organisation klappte tadellos — u.a. gab es Schiedsrichter für fast jede Sprache.

Nikolai startete gut mit einem Punkt und verlor in der zweiten Partie sehr unglücklich (1-zügiges Matt in einer absoluten Gewinnstellung) gegen den späteren Dritten Ali Suleymanov.

Danach ging es auf und ab und der Tiefpunkt war in Runde 5 erreicht (Ta7, Bb7, Da8 und Tb8 … schlimmer gehts nimmer), als er immer mehr Gespenster sah und mit schlechten Zügen auf fiktive Spielverläufe und eine missverstandene Vorbereitung reagierte. In einer Partie gab er sogar nur mit einem Bauern weniger auf, da er meinte, daß er noch einen Bauern und dann die Partie verlieren würde … hätte er nicht, der zweite Bauer war vergiftet.

Spätestens jetzt merkten wir – 2 Tage waren Raphael und Oxana jeweils in Prag – das irgendetwas falsch lief. Für die letzten 2 Partien gab ich deshalb an Nikolai nur noch ganz allgemeine Verhaltensweisen aus, die ich übrigens allen Kindern und manch einem Erwachsenen empfehle, soweit ich mir das bei meiner Spielstärke erlauben darf:

(0) Nimm dir Zeit für jeden Zug
(1) Schaue den letzten Zug des Gegners an und frage dich, was er damit bezweckt hat … so erkennt man einzüge Matts und simple Drohungen schnell und sicher.
(2) Mache aktive Züge (Schlagzüge, Schachs, …), die entweder sehr klar entwickeln und/oder den Gegner zu einer Reaktion zwingen … Solche Züge haben mehrere Vorteile, (a) Es gibt i.d.R. nicht viele davon und man muß weniger durchrechnen – der Gegner hat ja nur wenige Antworten (b) die Wahrscheinlichkeit steigt, daß der Gegner Fehler macht (c) der Gegner wird an der Entwicklung seiner Pläne gehindert.

Das hört sich natürlich einfacher an, als es gespielt ist, hat bei Nikolai aber Wirkung gezeigt. Die letzten Partien gewann er klar, man mußte sich schon fast die Augen reiben. Insbesondere in der letzten Partie hat er mit tollen druckvollen Zügen gezeigt, daß da noch einiges kommt.

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Nguyen Thai Dang Vi (CZE) – Nikolai Nitsche

18… Th4! (evt. nicht der beste Zug, aber sicher ein druckvoller) 19.Dxg4 (besser evt. Sd6+) … Se2+ (besser evt. Sxh3+) 20. Kh2 Txe4 … aber so werden Partien gewonnen

Unter dem Strich wurden es dann 5 aus 9 Punkte, weniger als wir erwartet hatten, aber kein schlechtes Ergebnis in einem starken Feld … in jeder Klasse spielen ja nur die besten Spieler eines jeden Landes.

Ganz besonders möchte ich Raphael (Nikolais Bruder) und Michael Richter für das exzellente Training danken — ohne hätte es so nicht geklappt!

Schlussbemerkungen:

Zum Training: Das konsequente Training, jeden Tag 1 bis 3 Seiten Aufgaben nach der Stappen-Methode, Nikolai ist jetzt bei Heft 5, führt zu nachhaltig besserem Schach. Empfehle ich allen Kindern!

Zum Spielstil: Die Gegner wie Nikolai haben fast ausschließlich d4 Partien gespielt. Nur 1x kam e4 aufs Brett. Evt. macht das die Deutsche e4 Fraktion nachdenklich 😉

Zum deutschen Team: Interessant ist, daß das deutsche Team mit zunehmendem Alter — toll Fiona Sieber mit 8 aus 9 — relativ bessere Platzierungen erreichte. Hier muß man wissen, daß etwa die russischen U8 Teilnehmer bereits morgens richtig gedrillt wurden, was es bei uns so nicht gäbe. Meine Theorie: Mit zunehmendem Alter tritt das Schachliche gegenüber der Disziplin in den Vordergrund.

Zu den Elozahlen: Wie Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler  anmerkte, liegen die internationalen Jugend Elo Zahlen ca. 200 – 300 verglichen mit den deutschen zu niedrig, da in Deutschland sehr viel mehr Elo Turniere ausgewertet werden, wodurch mehr Elo von den Erwachsenen zu den Jugendlichen ‚fließt‘.

Zu Nikolais Elo Erfolgszahl: Die wird etwas niedriger liegen, als in der Chess-Results Seite angegeben (1460), da ein Gegner ohne Zahl wohl zu hoch angesetzt wurde.