Leckerbissen aus dem Kreuzberger Sommer 2019

Wie bereits in den letzten Jahren, spielte ich auch dieses Jahr wieder in Kreuzberg mit. Nachdem ich die ersten beiden Runden gewinnen konnte, war der Turnierstart schon einmal erfolgreich 🙂

In der dritten Runde teilte mir die Losfee einen starken Gegner zu, Jirawat Wierzbicki. Und es sollte eine spannende Partie werden. Altmeister Hansi Meißner war natürlich wieder mit von der Partie und bereitete eine bärenstarke Eröffnung vor.

Nach den Zügen 1.e4 c5 2.c3 Sf6 3.e5 Sd5 4.d4 cxd4 5.cxd4 e6 6.Sf3 d6 7.Lc4 Le7 8.0–0 0–0 9.De2 b6 10.De4 La6 entstand die folgende Stellung:

Nun könnte man denken, dass der Springer auf d5 nicht ausreichend gedeckt ist. Nach den Zügen 11.Lxd5 exd5 12.Dxd5 geht ja wohl ein Bauer verloren und der Turm auf a8 hängt auch noch. Was soll das bringen?

Der Clou ist die folgende Variante:

11.Lxd5 exd5 12.Dxd5 Sc6! 13.Dxc6 Lxf1

Nun verbietet sich das Schlagen auf f1 mit dem König wegen Tc8!. Der ganze Damenflügel ist noch unterentwickelt. Weiß hat eine Qualität weniger. Und das alles für das Linsengericht eines Bauerns!

Was passiert eigentlich, wenn Weiß den Sc6 verschmäht? Denkbar wäre die folgende Variante 13.Td1 Le2 14.Td2 Lxf3 15.Dxf3 Lg5 16.Dxc6 (oder d4 fällt) …Tc8 17.Da4 Txc1+

Also alles nichts, was man sich als Weißer wünscht. In der Partie ging es wie folgt weiter:

11.Sbd2 Dc7 12.b3 b5?! Warum verbarrikadiert Schwarz denn jetzt den eigenen Läufer hinter seinem Bauern? Schauen wir noch einmal auf die Stellung:

Zum Einen möchte ich den Weißen zwingen, eine Entscheidung zu treffen. Möchte sich der weiße Läufer gegen den Springer tauschen und mir die weißen Felder überlassen oder sucht er sich doch lieber ein anderes Feld? Zum anderen stünde mein b-Bauer auf b4 auch sehr gut. Hier würde er den weißen Damenflügel lahm legen. Perspektivisch sollte natürlich auch immer die Möglichkeit eines Springerausfalls nach c4 berücksichtigt werden. Diese Biester können ja auch echt unangenehm werden.

Wie dem auch sei, mit b5 ist das Feld c4 erst einmal zuverlässig gedeckt.

Weiß bleibt konsequent und möchte seinen Läufer nicht hergeben. 13.Ld3 g6 pariert die fürchterliche Mattdrohung auf h7 zuverlässig. Jetzt sind zwar die schwarzen Felder am Königsflügel geschwächt, jedoch habe ich immer noch den Le7, der hier alles deckt und so schnell kommt Weiß hier zu keinem Angriff.

Beide Seiten entwickeln nun ihre restlichen Figuren 14.Lb2 Sd7 15.Dg4. Der letzte schwarze Springer landet nun auch noch auf seinem Traumfeld dxe5 16.dxe5 Sc5. Der Weiße muss nun dringend etwas unternehmen, möchte er nicht von der schwarzen Kavallerie erdrückt werden:

Eine absolute Traumstellung aus schwarzer Sicht. Die weißen Kräfte wirken unkoordiniert, die Läufer sind machtlos. Und so langsam muss sich die weiße Dame Gedanken machen, ob sie noch genug Luft bekommt…

17.Tfc1 Dd7 18.Lf1 Lb7 19.Ld4 Tfc8 20.Td1 De8 21.Tac1

Hier gibt es mehrere gute Möglichkeiten für mich die Partie fortzusetzen. Eine Variante wäre die Türme mittels 21…Tc7 22.Sg5 Td8 ins Zentrum zu bringen. Ich ging wie immer auf Nummer sicher und kümmerte mich zunächst um den Delinquenten auf b5, damit meine Dame sich wieder etwas die Füße vertreten kann.

Es folgte ein General-Abtausch, bei dem ich zwar das Läuferpaar behielt, nun jedoch auf den aktiven weißen Rösser acht geben muss.

21… a6 22.Lxc5 Txc5 23.Txc5 Lxc5 24.Se4 Le7 25.Sfg5

Das weiße Heer wirkt beängstigend. Nach 25…Kg7 ist jedoch nichts mehr los.

Weiß versuchte nun meine Burg zu erstürmen 26.h4 h6 27.Sf3 Dc6 28.h5. In der kommenden Stellung übersah er jedoch eine petit Kombination:

28…Se3!!

Die Stellung verflachte und wir einigten uns letztendlich auf Remis

29.fxe3 Dxe4 30.Dxe4 Lxe4 31.hxg6 Kxg6 32.Td7 Lc5 33.Kf2 Ta7 34.Td8 Le7 35.Tg8+ ½–½

Der Kreuzberger Sommer 2019 (Werner-Ott-Open) ist nun seit einer Woche vorbei. Wir schnitten relativ erfolgreich ab. So gab es Ratingpreise für Michael Ziems und Elisa Silz.

Alle Ergebnisse hier.